Montag, 13. Mai 2013

Tanz der Teufel / Evil Dead (1981)


We can't bury Shelly - S-She's a friend of ours.

Sam Raimis Meisterwerk Tanz der Teufel, so der deutsche Titel, zählt zu den unbestrittenen Meilensteinen in der Geschichte des Horrorfilms. Die perfekte Mischung aus dichter Atmosphäre und übertriebenen Splattereinlagen sollten dieses Werk zum Kultfilm schlechthin werden lassen. In Deutschland hatte und hat es der Film bis heute nicht leicht - bereits am 12.07.1984, also knapp 5 Monate nach dem deutschen Kinostart, wurde Evil Dead bzw. Tanz der Teufel bundesweit nach §131 StGB beschlagnahmt - und trägt diese "Last" bis heute. Angesichts der aktuellen Neuverfilmung ist es an der Zeit für eine Retrospektive, die das Original, die Fortsetzungen sowie das Remake von Fede Alvarez genauer beleuchtet.


Ashley (Bruce Campbell) möchte mit seinen Freunden einen gemütlichen Urlaub in einer kleinen, verlassenen Hütte inmitten eines Waldes machen. Im Keller stößt er auf ein okkultes Buch, das in Menschenhaut gebundene Necronomicon, sowie die Aufzeichnungen eines Wissenschaftlers, die sich mit dem, grob übersetzt, Buch der Toten auseinandersetzen. Die Aufzeichnungen berichten von dämonischen Kräften, die freigesetzt werden, wenn man laut aus dem Buch vorliest. Mit Ausnahme der jungen Cheryl (Ellen Sandweiss) wird diese Entdeckung von niemandem richtig ernst genommen. Die unheimlichen Formeln und Sprüche des Necronomicons sollten jedoch zur grausamen Realität werden, als Cheryl eines Nachts etwas unheimliches spürt. Sie fühlt sich beobachtet und vermutet jemanden im Wald. Bei ihrer Untersuchung wird sie das erste Opfer der Kräfte, die durch das Sprechen der Flüche freigesetzt wurden. Diese ergreifen fortan Besitz von ihr und verwandeln sie in ein schreckliches Ungeheuer..



Die Handlung, die zunächst relativ flach klingt, soll jedoch die Grundlage für einen der besten Horrorfilme aller Zeiten darstellen. Raimi weiss durch den geschickten Einsatz von simplen Elementen eine unglaublich starke Atmosphäre zu erzeugen, die, obgleich es sich hier um eine Hütte bzw. Wald als Schauplatz handelt, beinahe klaustrophobische Züge annimmt. Dies entsteht in erster Linie durch die Auswegslosigkeit, in der sich die Freunde befinden. Der Wald wird lebendig, hindert die Gefangenen an ihrer Flucht. Sogar die Brücke, über die sie gekommen sind, ist bei Nacht völlig zerstört, was das Passieren unmöglich macht. Auch ist es das Spiel mit kindlichen Urängsten, die Evil Dead seinen ganz speziellen Charakter verleihen: Der finstere Keller, der abgelegene Schuppen, das Knarren des Holzes bei Nacht.. und all das in einer verlassenen Hütte in einem Wald irgendwo in Tennessee. Unterstrichen wird dies durch bedrückende Bilder, perfekt eingefangen durch Tim Philo hinter der Kamera.
Stichwort Kamera: Legendär sind die Szenen des undefinierten Bösen, das rauschend durch den Wald tobt und dabei sogar Bäume aus ihrer Verwurzelung reisst. Dabei sieht der Zuschauer durch die Ego-Perspektive das Wüten des dämonischen Etwas, das zu keinem Zeitpunkt des Films gezeigt oder genauer erklärt wird. Es ist einfach das Böse, heraufbeschworen durch das Sprechen der Flüche, das nun darauf aus ist Besitz von Ashley und seinen Freunden zu ergreifen. Und genau deshalb ist es auch so unheimlich.


Gehen wir nun aber auf den Punkt ein, der vermutlich die meisten zur Sichtung bewegt hat: Die explizite Gewaltdarstellung.
Zweifelsohne ist Evil Dead das mit härteste Werk seiner Zeit, was ihm den Ruf als den Film einbrachte, der unbedingt verboten werden müsse. Dieser verbotene Film, so wurde er vermutlich auf den meisten Schulhöfen beschrieben, besticht besonders durch den hohen Einsatz von Splattereinlagen, die das Werk zum Schlachtfest werden lassen. Körper werden zerstochen, zerhackt, zerschossen, Augen werden ausgedrückt, eine Frau wird von Ästen vergewaltigt, ein Kopf wird mit einer Schaufel abgeschlagen - jeder Jugendliche, der davon hörte, musste den Film sehen. Und genau hier sehe ich die Ironie in der Beschlagnahme und die Einziehung durch das Amtsgericht München am 12.07.1984. Denn: Wollte man mit dieser Maßnahme das Schützen der Jugend vor diesem "menschenverachtenden" Werk erzielen, so erreichte man jedoch das genaue Gegenteil: Der Film wurde durch den Gerichtsbeschluss unfreiwillig beworben.
Davon ab sind die handgemachten Splattereffekte Tom Sullivan zu verdanken, der in Anbetracht des geringen Budgets eine erstaunliche Arbeit geleistet hat, die sich bis heute sehen lassen kann.


Aufgrund dessen bekam Deutschland den Film vorerst nicht mehr in seiner eigentlichen Form bzw. Länge zu Gesicht. Unzählige Schnittfassungen, die abermals indiziert worden sind, sorgten dafür, dass der Titel der Kassenschlager auf dem Schwarzmarkt wurde. Die Zahl der ungeschnittenen Raubkopien stieg ins unermessliche. Tanz der Teufel ist bis heute nach §131 beschlagnahmt, was einen Handel innerhalb der Bundesrepublik strafbar macht.
(1) Wer Schriften (§ 11 Abs. 3), die Gewalttätigkeiten gegen Menschen in einer Art schildern, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt oder die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs darstellt,

1. verbreitet,
2. öffentlich ausstellt, anschlägt, vorführt oder sonst zugänglich macht,
3. einer Person unter achtzehn Jahren anbietet, überläßt oder zugänglich macht oder
4. herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, ankündigt, anpreist, einzuführen oder auszuführen unternimmt, um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke im Sinne der Nummern 1 bis 3 zu verwenden oder einem anderen eine solche Verwendung zu ermöglichen,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
Allerdings wurde der Film ungeschnitten und mit deutscher Sprachausgabe mehrfach in Österreich veröffentlich, sodass ein Import mittels diverser Online-Plattformen nicht schwer fällt. Apropos Veröffentlichung: Die Liste der ver. Veröffentlichungen von Evil Dead (Tanz der Teufel, La Casa, Posesión infernal...) ist endlos lang. Unzählige Ausgaben in den verschiedensten Ländern sorgen dafür, dass eine Komplettierung aller Fassungen beinahe unmöglich ist. Aber das nur nebenbei.

 
Um nochmal auf das besagte Necronomicon einzugehen: Dieses entstammt dem Cthulhu-Mythos, einer dichterischen Erfindung H.P. Lovecrafts, der zu Recht zu den bekanntesten und einflussreichsten Autoren der phantastischen Literatur zählt. Dieser hatte mit seinen Werken einen ungemeinen Einfluss auf nachfolgende Literatur, Musik, Filme und vielem mehr. Ein konkretes Beispiel hierfür wäre selbstverständlich Evil Dead.
Das Necronomicon stellt in Lovecrafts Erzählungen das unaussprechliche und verbotene Werk des wahnsinnigen Arabers Abdul Alhazred dar, das ebenfalls über Flüche, Beschwörungsformeln und Portalen zu anderen Dimensionen verfügen soll. Allen interessierten rate ich dringendst zum Schmökern, es lohnt sich.

Die "Necronomicon-Ausgabe" des Films von cmv
Eine Sammlung der bekanntesten Geschichten Lovecrafts


Zusammenfassend kann ich nur folgendes schreiben: Evil Dead ist das Pflichtwerk für Horrorfans und macht so ziemlich alles richtig. Die Schauspieler sind zu diesem Zeitpunkt zwar noch nicht auf dem Gipfel ihrer Kunst gewesen, aber das wirkt sich in diesem Fall positiv auf den Charme eines B-Movies aus. Die Handlung stimmt, die Splattereinlagen sind großartig und die Stimmung ist einfach der Hammer. Und auch wenn ich bisher nicht darauf eingegangen bin: Die akustische Beschallung ist ebenfalls bombastisch und sorgt für ein einmaliges Erlebnis.
Mein Tipp, oder besser, Rat: Anschauen, feiern und erneut anschauen! Morgen tanzt dann der zweite Teil der Retrospektive weiter..


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