Donnerstag, 28. März 2013

Kannibale und Liebe


1957 - Plainfield, Wisconsin: Das Verschwinden einer 58-jährigen Ladenbesitzerin wird der Polizei des kleinen Dorfes Plainfield gemeldet, die bei der Untersuchung eines Farmhauses auf die übel zugerichtete Leiche der Frau stoßen. Enthauptet und ausgeweidet teilt sich die Leiche das Farmhaus mit mindestens 15 weiteren Leichen bzw. was davon übrig ist: Mehrere Nasen, Knochen, Masken aus Gesichtshaut oder Schälchen aus menschlichen Schädeldecken.. Ed Gein zählt bis heute zu den grauenvollsten Verbrechern der Geschichte Amerikas und erzielte mit seinen Taten eine unglaubliche Auswirkung auf Film und Literatur.

Das Stück wird durch das ferne Geräusch einer Kettensäge eingeleitet. Man hört das Radio: Meldungen über das Verschwinden der Ladenbesitzerin und dem grausigen Fund im Farmhaus leiten ebenfalls stark atmosphärisch ein, wie der Sarg auf der Bühne, der sich langsam öffnet und das offenbart, das sich zurecht Schlächter von Plainfield schimpft. Zögernd, beinahe zittrig, entsteigt Ed Gein dem hölzernen Kasten und wirft dem Publikum einen Schauer über den Rücken.
Die Psychologin und Sprecherin des Stücks, verkörpert durch Julia Schubert, gibt dem Publikum eine Einführung in die Taten Geins und geht intensiv auf die Auswirkung in Film und Musik ein. Ob als Leatherface in Tobe Hoopers Texas Chainsaw Massacre, als Norman Bates in Hitchcocks Psycho oder aber als Buffalo Bill in Jonathan Demmes Das Schweigen der Lämmer.. Lang ist die Liste der Bösewichte in der Geschichte des Horrorfilms, die auf dem Schrecken von Plainfield basieren.


Ed Gein
Der Tenor der Aufführung schwankt immer wieder zwischen der erzählerischen, informierenden Ebene und dem tatsächlichen Spiel, das durch Caroline Hanke als Klatschtanten-Nachbarin, Ekkehard Freye als ermittelnden Sheriff Schley, Axel Holst als Captain Lloyd Schoephoerster und eben Julia Schubert als Sprecherin und Psychologin einen sehr authentischen Charakter verliehen bekommt. Dieser Wechsel wurde meisterhaft umgesetzt und schafft Raum für das Verdauen der atmosphärisch dichten Erzählung, die durch originale Polizeiaufnahmen der Taten noch verstärkt wird.
Aufnahme der Leiche Bernice Wardens
Das Herzstück der Aufführung ist jedoch ganz klar Uwe Rohbeck als Ed Gein. Die vielen verschiedenen Facetten des perversen mit Mutterkomplex werden mit einer schauspielerischen Darbietung dargestellt, die ihresgleichen sucht. Rohbeck schafft es sowohl das Grauen, die krankhafte Einstellung und die Perversität Geins darzustellen als auch so etwas wie Mitgefühl beim Zuschauer auszulösen. Mitgefühl in einer Art, wie man sie für ein unschuldiges Kind entwickelt, das eigentlich gar nichts dafür kann, dass es seinen Spaß daran hat einer Fliege die Flügel rauszureissen.


Splatter Urgestein Jörg Buttgereit, der den meisten als Regisseur von Nekromantik, Schramm oder Der Todesking bekannt ist, inszeniert den Fall des Edward Theodore Gein im Theater Dortmund unter Zuhilfenahme von originalen Polizeidokumenten in akustischer wie visueller Form und beleuchtet dabei nicht nur den Fall an sich, sondern geht besonders stark auf den "Nachruhm" im Kino und in der Musik ein. Eine absolut empfehlenswerte Auseinandersetzung mit der Legende des Ed Gein und gleichzeitig ein unterhaltsames Theaterstück mit Schauspielern, die in ihren Rollen glänzen.


Termine:
SA, 06. April 2013
SO, 28. April 2013
FR, 10. Mai 2013
SA, 25. Mai 2013

Weitere Informationen zum Stück, den Aufführungsterminen sowie der Anfahrt auf Theater Dortmund.

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