Montag, 1. Oktober 2012

Im Augenblick der Angst (1987)


Anguish, so der englische Originaltitel des Films, stellt einen innovativen "Film im Film" dar, wie es z.B. auch bei Lamberto Bavas Demoni der Fall ist, und ist somit eine sowohl praktische als auch interessante Möglichkeit, die Story zu erzählen, die sich um zwei Mädchen, einem Kinosaal und einem hypnotisierten Psychopathen spinnt.


Der Film beginnt mit der Vorstellung zwei unglaublich komischer Vögel: Mutter Alice Pressman (Zelda Rubinstein), dessen Alter ihr merklich aufs Gemüt geschlagen hat, und Sohn John (Michael Lerner), der ebenfalls nicht ganz dicht zu sein scheint. Wo wir schon bei Vögeln sind; eingeführt werden die beiden übrigens beim Fangen einer im Wohnzimmer entflohenen Taube. Sehr passend, wie ich finde.
Der mit einer dicken Hornbrille beschmückte John arbeitet als Optiker/Chirurg in einer städtischen Klinik, die sehr honoriert zu sein scheint. Als er jedoch eines Abends zum Anwesen einer Patientin fährt, um ihr die richtigen Kontaktlinsen zu geben, lernen wir kurzerhand das wahre Ich des Protagonisten kennen, das sich als blutrünstiger Mörder herausstellt, der zu allem Übel die noch viel üblere Angewohnheit hat, die Augen seiner Opfer als kleine Trophäe zu behalten. Desweiteren bringen wir in Erfahrung, dass sein Verhalten durch die Hypnose seiner Mutter getrieben wird. Sie befiehlt ihm zu töten, um in den Besitz der kostbaren Augäpfel zu gelangen. Nach einigen Morden, die zwar durchaus blutig, nie aber unnötig explizit sind, wird der Zuschauer mit dem eigentlichen Film vertraut gemacht. Patty (Talia Paul) und ihre beste Freundin Linda (Clara Pastor) sitzen im Kino und schauen sich "THE MOMMY" an, der eben jenen Film darstellt, den ich gerade beschrieben habe. Dieser Aha!-Moment wirkt bei der ersten Sichtung sehr gut und sorgt dafür, dass man am  Ball bleiben und die eigentliche Handlung verfolgen möchte.

Im Verlauf der Vorführung nimmt diese ihren Lauf, gesteuert durch einen wahnsinnigen Zuschauer, bei dem die Hypnose der dicken, unheimlichen Mutter aus dem Film schwerwiegende Folgen ausgelöst hat. Er meint, dass er auch unter den Befehlen der Mutter handeln muss, was in einem Blutbad und einer Geiselnahme im Saal endet. Was nun spannend klingt ist sogar unglaublich gut umgesetzt. Die Verschmelzung von Film und Film funktioniert fast nahtlos, stellenweise ist es schwer den einen vom anderen zu trennen. Diese Verschmelzung geht sogar so weit, dass sowohl die Handlung im Film, als auch die in "THE MOMMY" einander entsprechen und parallel zueinander verlaufen. Um nicht vorwegzugreifen möchte ich nur betonen, dass dies vorallem in späteren Szenen auf große Beigeisterung meinerseits gestoßen ist. Äußerst nennenswert ist auch die Hypnose Mama Pressmans, die zumindest bei mir einen starken Eindruck hinterlassen hat. Man könnte fast meinen, dass es sich hierbei um eine tatsächliche Praktik handelt, um jemanden in Trance zu versetzen. Auf visueller Ebene ganz groß.
Unverkennbar ist, dass Regisseur Bigas Luna scheinbar von dem einen oder anderen italienischen Gialli beeinflusst worden ist, was ich ebenfalls als großen Pluspunkt werte.
Die schauspielerischen Leistungen siedeln sich im oberen Bereich an, insgesamt wirken die Akteure interessant und überzeugend. Eine Ausnahme stellt die im Mittelpunkt stehende Patty dar, die mit ihrem ewigen Geplänkel schnell mal an die Grenze des erträglichen kratzt. Darüber kann man in Anbetracht des restlichen Casts jedoch hinwegsehen. Alice und John Pressman wirken authentisch verrückt, man nimmt den beiden Akteuren ihr Spiel sehr gut ab. Auch die Rolle des Psychopathen im Kinosaal (Àngel Jové) ist gut besetzt, auch wenn es zwischendurch etwas aufgesetzt wirkt.


Insgesamt ist Anguish ein sehr runder Film, der durch Innovation und einer gekonnten Umsetzung besticht. Klare Empfehlung an Fans des Slashers, auch wenn die Bezeichnung dem Film nicht komplett gerecht wird.
Mit Ausnahme einer alten, schlampigen VHS gab es diesen Streifen hierzulande unverständlicherweise bisher nur als Bootleg, das heißt als unlizensierte Veröffentlichung. Abhilfe schafft das österreichische Label Illusions, das den Film ungeschnitten (und das sogar mit einer Freigabe ab 16 Jahren) hierzulande veröffentlicht hat. Zur Wahl stehen Mediabook, single-BD und single-DVD.


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