Samstag, 12. Mai 2012

Keoma - Melodie des Sterbens (1976)


Ein einsamer Mann reitet durch verlassene Gegenden und zerstörte Städte. Es ist Keoma, der Sohn eines Weißen und einer Indianerin, der nun nach dem Bürgerkrieg wieder in seinen Heimatort zurückkehrt. Dort angekommen leidet ein großer Teil der Einwohner an der Pockenseuche und die Infizierten werden vom ehemaligen Südstaatler Caldwell in einer alten Miene eingesperrt, wo sie von jeglicher medizinischer Versorgung abgeschnitten vor sich hin vegetieren. Doch auch die Gesunden leben nicht unbehelligt von der Tyrannei Caldwells und seiner Bande, zu der auch Keomas drei Stiefbrüder gehören.
Dass die Drei privat nicht besonders gut mit Keoma zurechtkommen, schafft den Grundstein für ein paar eher unangenehme Probleme, welche auch nicht besser werden, als dieser die schwangere Frau eines Infizierten rettet und sich somit in Caldwell einen mächtigen Feind schafft ...


Drei Brüder
Auch wenn das von der Story jetzt vielleicht sehr nach den 0815-Western der frühen 1970er Jahre klingen mag, ist Keoma doch Meilenweit davon entfernt. Sicher, bekannte Motive, wie das des einsamen Cowboys oder der Rettung einer hilflosen Frau zu Beginn der Story, werden auch hier verwendet, doch im Verlauf des Filmes rücken mehr und mehr ernstere Themen, etwa der offen zur Schau gestellt Rassismus der drei Brüder gegenüber Keoma und dem schwarzen Farmarbeiter George, in den Fokus. Außerdem sind die Charakter und besonders die Hauptfiguren alles andere als flach. So ist beispielsweise Keoma, welcher von einem Franco Nero in Bestform verkörpert wird, ein mehr als vielschichtiger Charakter, dessen Handlungsmotive weit über stumpfe Rache hinauslaufen und teilweise durchaus philosophische Züge annehmen.

Ein zentraler Teil des Films sind ohne Zweifel die zahlreichen Rückblenden, welche die Vergangenheit der Protagonisten beleuchten, doch werden diese nicht nur klassisch präsentiert, sondern teilweise auch ohne Schnitte in die Handlung integriert, so dass der erwachsene Keoma als passiver Beobachter an ihnen teilnimmt. Weiterhin sind in Keoma auch einige Vorausblendungen vorhanden, welche das Prinzip der Rückblende umkehren.
Keoma hat vier Kugeln

Doch das ist nicht das Einzige gelungene an der Inszenierung dieses Filmes. So ist dem Regisseur, Enzo G. Castellari, beispielsweise eine besonders ästhetische Darstellung der Gewalt in diesem Film gelungen, indem von Kugeln getroffene Personen meist in Zeitlupeneinstellungen gezeigt werden, welche sich immer wieder mit normal geschnittenen Sequenzen abwechseln. Außerdem werden die Charakter oft von unscharfen Objekten "eingerahmt" und immer wieder eher ungewöhnliche Einstellungen verwendet, die Keoma eine ganz besondere Atmosphäre geben und ihm auch einen Platz im New Yorker Museum für moderne Kunst einbrachten.

Des Weiteren darf natürlich auch der geniale Soundtrack aus der Feder von Guido und Maurizio De Angelis nicht unerwähnt bleiben.

Zuletzt kann ich nur sagen, dass ich diesen Film als einen Hochpunkt des Italo-Westerns ansehe und ihn nur jedem Fan dieses Genres ans Herz lege, auch wenn Freunde anspruchsvoller, düsterer Filmkunstwerke ebenfalls zugreifen sollten. Dass der geneigte Käufer auf jeden Fall zur ungeschnittenen Fassung greifen sollte, dürfte klar sein.

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