Sonntag, 1. Dezember 2013

Dogtooth (2009)

"Ein Meer ist ein Ledersessel mit hölzernen Armlehnen, so wie der in unserem Wohnzimmer."

"Eine Autobahn ist ein sehr heftiger Wind."

Eine Exkursion ist ein äußerst widerstandsfähiges Material, aus dem Fußböden hergestellt werden."

"Ein Karabiner ist ein wunderschöner, weißer Vogel."



Diese Sätze, abgespielt aus einem Diktiergerät, verstummen. Daraufhin besprechen die Kinder ihr nächstes Spiel, welches darin besteht, einen heißen Wasserstrahl so lang wie möglich auf der Haut auszuhalten.
Ein ganz normaler Tag im Leben der namenlosen Familie aus Yorgos Lanthimos  Drama Dogtooth aus dem Jahre 2009.


Abgeschieden von der Außenwelt werden hier "die Ältere", "die Jüngere" und "der Sohn" mit harter Hand im Elternhause erzogen. Die Hecke ist der Schutz vor allem, was sich außerhalb verbirgt; besonders vor der Katze, dem gefährlichsten Tier von allen. Der Vater ist der einzige, der das Grundstück - natürlich nur im schützenden Auto - verlassen darf. Schließlich ist ihm bereits der Hundszahn ausgefallen und wieder nachgewachsen, was ihm erlaubt, das Auto zu fahren.
So betrachtet der Zuschauer eine handvoll skuriller, naiver Spielchen unter den Geschwistern, kreative Lernstundenund absurde Lektionen des Lebens, die zu gleichen Teilen komisch, als auch verstörend wirken.
Doch die Familien"idylle" nimmt jäh ein Ende, als sich die Kinder fragen, was sich hinter der Hecke befindet.


Eingehüllt in völlig emotionslosem Schauspiel, starrer Kameratechnik und monotone an Maschinen erinnernde Dialoge vermittelt Dogtooth eine gewisse Reinheit und Ruhe, aber auch gleichzeitig eine Komik und darüber hinaus eine Art Beklemmung, wie es selten ein Film schafft. Über seine gesamte Spielzeit von 93 Minuten schafft es dieser Film zu fesseln und den Zuschauer immer wieder zum Schmunzeln, zum verdutzt die Augen Verdrehen oder zum gefesselt auf den Bildschirm Starren zu lassen.
All das schafft Regisseur Lanthimos ohne viel Action, besondere Kamerafahrten oder überhaupt - von der Grundidee mal abgesehen - großartiges Storytelling. Ohne jetzt jemandem den Film vermiesen zu wollen oder gar abzuschrecken: es passiert nichts; und das ist wohl auch die Quintessenz des Filmes - er fällt auf.

"Ich hoffe, Deine Kinder geraten unter schlechten Einfluss und entwickeln eine gestörte Persönlichkeit.
Das ist mein sehnlichster Wunsch als Strafe dafür, was Du meiner Familie angetan hast."


Als Gewinner mehrerer verschiedener Filmpreise, unter anderem dem Filmpreis "Un Certain Regard" in Cannes, und als "Bester Fremdsprachiger Film" für einen Oscar nominiert, weiß Dogtooth auf jeden Fall zu überzeugen. Mit einer Kreativität im Plot, die seinesgleichen sucht, und einer Erzählweise, die perverser und zugleich steriler nicht sein könnte, schafft es Yorgos Lanthimos ein perfides Drama über (Fehl-)Erziehung über die Grenze der Konditionierung hinaus, menschliche Abgründe und die Wichtigkeit einer äußeren Sozialisation auf den Zuschauer loszulassen, das dieser allzu schnell wohl nicht mehr vergessen wird.

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