Donnerstag, 22. März 2012

Man-Eater / Antropophagus (1980)



Im Jahre 1980 brachte der Italiener Aristide Massaccesi (auch bekannt als Joe D’Amato) mit Antropophagus einen Film in die Kinos, welcher sehr negativ vom Publikum aufgenommen worden ist. Auch heute wird „Der Menschenfresser“ von zahlreichen Pseudo-Genrekennern als „langweiliger Mist“ abgestempelt, da der Film oftmals auf seine extremen Gewaltdarstellungen reduziert wird. Die wirklichen Qualitäten des Films liegen jedoch keineswegs in den äußerst brutalen Morden, vielmehr besticht der Film durch eine sehr dichte Atmosphäre, welche D’Amato durch etliche stimmige Settings zu erzeugen wusste.



Die Dreharbeiten betrugen laut Regisseur Massaccesi ungefähr einen Monat und das bei einem sehr niedrigen Budget. Gedreht wurde in Rom und Athen.
Am 09. August 1980 wurde der Film erstmals in Italien aufgeführt, erfuhr jedoch einen riesigen Flop und wurde bereits nach 2 Tagen aus dem Programm genommen. Der Versuch, Spannung aufzubauen, sei gescheitert und überhaupt würde sich der Film mehr auf Gore verstehen, hieß es. Ich bin da jedoch komplett anderer Meinung.

Eine Gruppe junger Leute macht sich auf nach Griechenland, um dort auf einer kleinen Insel anzulegen. Dort angekommen stellen sie allerdings fest, dass die Insel fast menschenleer ist, und auch sonst strahlt das Gebiet eine sehr bedrückende Atmosphäre aus.
Sie treffen in einem großen Familienanwesen auf ein blindes Mädchen, das der Gruppe voller Angst von einem Wesen erzählt, das für das Verschwinden der Inselbewohner verantwortlich sein müsse und nach menschlichem Blut rieche.

Bis zur eigentlichen Konfrontation mit dem Menschenfresser (gespielt von Luigi Montefiori, bekannt unter dem Pseudonym George Eastman) ist nicht genau klar, um was für ein Wesen es sich eigentlich handelt, lässt doch D’Amato die ersten paar Morde noch aus der Ich-Perspektive auf die Zuschauer los. So bleibt man eine ganze Weile im Unklaren über das von der Gier nach Blut getriebene Monstrum und dessen Beweggründe, welche sich als das notgedrungene Verspeisen von Frau und Kind entpuppen, nachdem seine Familie Schiffbruch erlitten hatte.
Die Erzählweise ist ein wesentlicher Aspekt des Films und trägt einen Großteil zu der unheilvollen Stimmung bei, die über dem gesamten Film lastet. Diese wird durch die ungemütliche, bedrückende musikalische Untermalung bestens ergänzt. Diese reicht von minimalistischen Klängen bis hin zu sakral anmutenden Orchesteranteilen. Gerade Letzgenannte ergeben in Kombination mit der visuellen Kraft düsterer Katakomben eine meiner Lieblingsszenen des italienischen Horrorkinos.


Was ich am Anfang bereits vorweggenommen habe, ist der hohe Gehalt an explizit dargestellten Morden, Kannibalismus und zahlreichen Schockmomenten. Die Effekte sind für die Zeit zwar etwas schlecht ausgefallen, sind aber dennoch sehr gut in Szene gesetzt, weshalb man locker über diesen Punkt hinwegsehen kann. Vorallem in Anbetracht des geringen Budgets ist dies durchaus zu verkraften.
Zu meinem Ärgernis wird der Film in vielen Rezensionen auf eben jene Szenen beschränkt, was zur weit verbreiteten negativen Auffassung des „Menschenfressers“ führt. Schade drum, die blutigen Szenen sind nämlich nicht das Herzstück des Films.
Ein weiterer Grund der Verteufelung seitens vieler Zuschauer sind wohl die etlichen Tabubrüche, die sich Aristide Massaccesi hier herausgenommen hat. So wird beispielsweise eine schwangere Frau gewaltsam von dem Fötus befreit, der daraufhin verzehrt wird. Die Kamera hält hierbei natürlich voll drauf.



Auszug aus dem Beschlagnahmebeschluss vom 03.03.1986:
„Der Film enthält eine Vielzahl brutaler und grausamer Folterungs- und Tötungsszenen. Durch die dargestellten Gewalt- und Tötungshandlungen versucht der Film seine Anziehungskraft auf den Betrachter zu gewinnen. Der Film "Man Eater (Der Menschenfresser" lebt ausschließlich von brutalen, grausamen und geschmacklosen Szenen. Die Darstellung exzessiver Gewalt und Grausamkeit wird zum Selbstzweck erhoben. Der Videofilm "Man Eater (Der Menschenfresser)" schildert grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen in einer Art, die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellt. Damit ist der Tatbestand des § 131 StGB erfüllt.“
Nichtsdestotrotz ist Antropophagus ein sehr wichtiger Vertreter des italienischen Horrorfilms, sofern man sich auf die essentiellen Bestandteile einlassen kann. Mainstream-Fans und Konsorten rate ich also eher davon ab, sich diesen Film auf den Zahn zu legen. Wer allerdings mit bösem Italo-Horror was anfangen kann, sollte sich Man-Eater schleunigst zur Brust nehmen.



Link zur OFDb: Klick

Keine Kommentare: